Kabinett
17. Juli – 28. August 2021
Ein künftiger Nachruf
Foto: Anna Werbe
Der diplomierte Künstler Oskar Staudinger zeichnet ungewöhnliche Grafiken, alle in den Grenzen von 25,5 × 38 cm, inspiriert vom japanischen Oban Format. Die Bilder gehen sofort vom Kopf in die Hand, frei von pseudointellektueller Wortfischerei, die er auch gar nicht beherrscht, denn das, was er zu sagen hat, vermittelt er, in dem er die Bilder zeichnet und nicht in dem er eine Bedienungsanleitung mitliefert und somit dem Betrachter vorgibt, was er zu sehen hat. […]
IKEA-Bauableitungskunst ist ihm zuwider. […]Wie beim automatischen Schreiben, entstehen Strich für Strich skurrile Welten. Ungewöhnlich ist auch die Beidhändigkeit des Künstlers die er, wie er öfter betont, immer dann anwendet, wenn er Zeitdruck hat. Es sind Fenster in eine bizarre Welt voller nackter oder ungewöhnliche Wesen.
Edward Gorey, The Pre-Raphaelites und John Currin zählen zu seinen Vorbildern. Früh schon spitzte er den Bleistift, um sich die Zeit hinter den Probebühnen großer Dreispartenhäuser zu vertreiben, wenn ihn sein Vater wieder auf Arbeit mitnahm. […] Seine Rolle als DDR Dissident entfiel da er erst 1989 geboren wurde. Aus der Medienbranche kommend setzt Staudinger, schon in der Zeit seiner Berufsausbildung, seine Illustrativen Fertigkeiten künstlerisch um. […]
Später studierte Staudinger an der Kunsthochschule Dresden. Um seine Studiengebühren zu finanzieren, schlug er sich als Auftragsnackedei für andere Studentinnen und Studenten durch, was wiederum seine Kunst prägte[…] Der Tod seines Vaters zu Studienbeginn brannte sich ihm tief ein und rundete seine Kunst ab, denn Themen wie Tod und Vergänglichkeit sind der Kern seiner Arbeiten, er spielt diese Themenklaviatur, ohne aber dabei in Selbstmitleid zu verfallen.
© Ausschnitte aus: Ein künftiger Nachruf auf Oskar Staudinger (bearbeitet und gekürzt) von Astrid Kora Negus
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